Mit ihrem Fleiß, ihrem Know-How und ihrem Ehrgeiz ist die 22-jährige Tischlermeisterin Jule Rombey eine echte Powerfrau im Handwerk. Der eigene Familienbetrieb, die Tischlerei/Zimmerei Frank Rombey, wurde 1996 von ihrem Vater gegründet und hat sich seitdem auf den Treppenbau spezialisiert. Hier hat Jule bereits ihre Ausbildung vollbracht und ihren persönlichen Weg nach dem Meister eingeschlagen.
Dadurch, dass mein Vater seine Werkstatt in der Garage am Haus hatte, konnte ich von klein auf Miterleben was das Handwerk mit sich bringt. Jeden Tag etwas anderes zu machen, Dinge mit den eigenen Händen zu erschaffen – das hat mich schon als ganz kleines Mädchen fasziniert und begeistert. Mit 6 Jahren durfte ich bereits mithelfen und zum Beispiel die Treppenmodelle vom Aufriss abnehmen. Es war für mich nie eine Verpflichtung – vielmehr durfte ich das Ganze spielerisch kennenlernen. Zeitig setzte ich meine eigenen Projekte, wie unser Baumhaus, um. Hier merkte ich schnell, dass ich gut mit meinem Papa zusammen arbeiten kann. Tiermedizin war die Alternative, jedoch wollte ich lieber früh in den Berufsalltag starten. Als mein Vater beschlossen hatte seinen Betrieb zu erweitern, habe ich mich sofort für die handwerkliche Ausbildung als Tischlerin entschieden - die beste Entscheidung, die ich getroffen habe.
Am Anfang habe ich mir natürlich viele Gedanken gemacht, wie das Ganze aufgenommen wird. Allerdings habe ich so gut wie nie negative Kritik erhalten - Skeptiker konnten schnell vom Gegenteil überzeugt werden. Gerade in meinem Freundeskreis wird meine Berufswahl nach wie vor super positiv aufgenommen. Sie finden es mutig, dass jemand mal was anderes macht. Später in der Berufswelt unter Schreinerkollegen war es ebenfalls nie ein Thema, ob man eine Frau oder ein Mann ist. Wir waren ein großer Freundeskreis – keine Jungs-Mädels-Gruppierung, vielmehr ein schönes Miteinander. Auf der Baustelle habe ich ebenfalls keinerlei Berührungsängste oder Probleme. Wir Frauen packen genauso an wie ein Mann, möchten nicht geschont werden, nichts Besonderes sein, sondern einfach unseren Job machen. Was ich außerdem feststellen durfte ist, dass die meisten Frauen, die ins Handwerk gehen aus Überzeugung dort sind – das ist nie ein Plan B. Diese Leidenschaft spiegelt sich in der Qualität seiner eigenen Arbeit wieder und kommt bei Kollegen und Kunden sehr gut an. Unsere Kunden stolz sagen zu hören „ja meine Treppe hat eine junge Frau gebaut“ erfüllt einen dabei sehr.
Unsere Lehrer haben immer gesagt, dass ein anderes Klima herrscht, sobald Frauen in einer Klasse sind. Von anderen Kolleginnen habe ich mitbekommen, dass die Baustellen viel ordentlicher verlassen werden. Eventuell sind die Frauen auch ein bisschen penibler. Ich persönlich mache lieber die feinen Arbeiten, bei denen es darauf ankommt präzise zu sein. Manche Jungs hingegen brauchen mehr die Action bei ihren Tätigkeiten, wie zum Beispiel Holz auftrennen oder aushobeln. Aber alles in allem darf man generell nicht nach Geschlecht unterscheiden – das kann schließlich auf jeden zutreffen.
In erster Linie handelt es sich hier um eine Kopfsache. Du musst Abitur machen, du musst studieren… gerade von der älteren Generation bekommt man das oft zu hören. Viele jungen Frauen oder auch Männer denken dann nicht mehr viel nach und überlegen nicht, was es außerhalb von Bürojobs noch so gibt. Bei mir war das zum Glück nicht der Fall, sodass ich meinen eigenen Weg finden und gehen durfte. Schön zu sehen ist es dann natürlich, dass tendenziell wieder mehr Frauen in einen handwerklichen Betrieb reinschnuppern und sich dort ausprobieren wollen.
Ich hatte das Glück, dass mein Vater Schreiner ist und ich somit wusste was mich in dem Berufsfeld erwartet. Viele können sich jedoch unter den Berufen nur wenig vorstellen. Dafür kann man den Schülern oder jungen Leuten kein Vorwurf machen. Hier müssen zum einen die Schulen ihre Schüler an die Hand nehmen und beispielsweise durch Praktika an das Thema heranführen. Zum anderen ist das aber auch die Aufgabe von uns Handwerkern, denn wir müssen für unseren eigenen Nachwuchs sorgen. Gemeinsam mit weiteren und vor allem jungen Handwerker*innen haben wir Handwerk hilft ins Leben gerufen. Bei dieser Aktion durften Schüler*innen unterschiedliche Gewerbe in lockerer Atmosphäre kennenlernen und zeitgleich spenden für Kinder in Not erspielen. Dadurch bringen wir sie mit dem Handwerk in Verbindung und Schüler, aber auch Lehrer und Eltern kommen danach oft auf uns zu und sind ganz begeistert von ihren neuen Erfahrungen. In solchen Projekten steckt meiner Meinung nach viel Potenzial. Es muss ja auch nicht jeder Schreiner werden – es gibt so viele unterschiedliche Handwerksberufe, da ist für jeden was dabei!
In meiner Freizeit gehe ich tatsächlich gerne raus in die Natur. Mit meinem Pony bin ich viel unterwegs. Ob Springtraining, Dressur oder ein Geländeritt, hier kann ich einen stressigen Tag gut verarbeiten. Aber auch ganz allein mit einer Tasse Kaffee in der Werkstatt an seinen persönlichen Projekten zu arbeiten und neue Konzepte zu erstellen ist für mich entspannend.
#1 WARUM HAST DU DICH ALS FRAU FÜR EINEN BERUF IM HANDWERK ENTSCHIEDEN?
#2 WELCHE REAKTIONEN AUS DEINEM ARBEITSUMFELD / VON MÄNNLICHEN KOLLEGEN / AUS DER BRANCHE ERLEBST DU?
"DIE BESTE ENTSCHEIDUNG, DIE ICH GETROFFEN HABE"
#3 WELCHE VORTEILE ERGEBEN SICH DEINER MEINUNG NACH, WENN EIN TEAM NICHT NUR AUS MÄNNERN BESTEHT?
#4 WIESO DENKST DU FEHLT GERADE WEIBLICHER NACHWUCHS IM HANDWERK?
#5 WAS WÜRDEST DU DIR FÜR DIE ZUKUNFT IM HANDWERK WÜNSCHEN?
#6 NEBEN DER TÄGLICHEN KÖRPERLICHEN ARBEIT, GIBT ES DA ETWAS, DAS FÜR DEN NÖTIGEN AUSGLEICH SORGT?